Text:
Auszug:
Walter Hövel
Kinderarbeit
Heute endet die Jugendzeit bei uns mit dem 27. Lebensjahr. Kinderarbeit ist verboten. Woanders endet Kindheit früher.
Noch in meiner Kindheit und Jugend, das war 1963, war es vollkommen normal, dass die Mehrzahl der Jugendlichen nach Abschluss der Schule mit 14 Jahren arbeiten ging. Die Lehrzeit begann mit Abschluss der Schule. Danach lebst du noch gut sieben Jahre, bis zur Volljährigkeit oder zur Hochzeit, in der elterlichen Wohnung. Du bezahlst deiner Mutter noch Wohn- und Kostgeld. Du hast als Jugendlicher vielleicht ein „Taschengeld“.
Kinder müssen heute in Kindergarten und Schule arbeiten. Dort sind sie bis zu 10 Stunden eingeschlossen. Hat sich etwas verbessert oder verlagert? Du stirbst heute nicht mehr so oft als Kind, oder verkrüppelst körperlich, an Hunger, Armut und Krankheit. Dafür ist es psychisch.
Verbessert hat sich, dass du nicht mehr heiraten musst um aus der elterlichen Umgebung zu entkommen. Vielleicht verbessert hat sich das Denken vieler Erwachsener. Es ist oft weniger militant, feudalistisch oder rechtsradikal. Verbessert hat sich, dass du nicht mehr, zumindest im Inland vor Hunger stirbst. Noch immer wächst du auf und lernst, um für andere zu arbeiten. Hat sich auch das Denken derer verändert, die darüber entscheiden, wie du lebst?
Ich ging schon in frühester Kindheit bei Bauern auf dem Feld Geld „zur Aufbesserung des Taschengeldes“ verdienen. Ich verbrannte Kartoffelkraut, sammelte Kartoffeln ein oder setzte die Zwiebeln der Tulpen. Ich ging spätestens in den Ferien arbeiten. Ich „gab Nachhilfestunden“ und ging ab 16 in den Ferien am Bau, im Straßenbau oder in Geschäften schuften. Es war selbstverständlich, dass ich in den Ferien bis zu meinem Berufseintritt Geld „dazu“ verdiente.
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